Hier habe ich personalisiertes Lernen als Antwort auf Heterogenität beschrieben. Arbeit mit Wochenplänen ist ein erster Schritt dahin (auch da gilt: Wochenplan ist nicht gleich Wochenplan). Auf dem holprigen Weg schleichen sich immer wieder Denkweisen ein, die wir aus unseren Schulkarrieren kennen, die vielleicht mal halbwegs funktioniert haben. Im Alltag und während Konflikten ist es schwierig, nicht wieder in diese Muster zu fallen. Als Erinnerung für mich: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“ (das Zitat wird unterschiedlichen Personen zugeschrieben). Ein Beispiel:
Ein Lehrperson hat folgende Beobachtung gemacht: Die Schüler hätten wenig Hausaufgaben und viele würden für den Wochenplan nicht die vorhandenen sieben Lektionen benötigen. Sie seien schon früher fertig, machen aber die angebotenen Wahlaufgaben nicht. Die „Lösung“: Wir müssen von unseren Schülern etwas verlangen, müssen mehr fordern. Die Jugendlichen sollen Leistung erbringen. Konkret: Mehr Aufgaben für den Wochenplan und mehr Hausaufgaben.
Vielleicht trifft die Beobachtung zu. Doch die „Lösung“ halte ich nicht für eine Lösung, sie ist vielmehr Teil des Problems: Einfach mehr zu tun geben, mehr Arbeitsblätter, mehr (zuhause) auswendig lernen (verbunden mit einer Prüfung, damit genug Druck da ist), mehr von „alle erledigen die gleichen Aufgaben“, mehr Bulimielernen, mehr oberflächliches Lernen. Vielleicht würden das sogar einige Eltern begrüssen („da wird etwas gefordert von den Jugendlichen, da geht es um Leistung“).
Grundproblem bleibt der G-Unterricht: Alle arbeiten zur gleichen Zeit an den gleichen Aufgaben. Egal, ob Schüler nach Alter und Leistungsniveau sortiert sind, trotzdem hat man eine heterogene Gruppe vor sich. Zum Beispiel bezüglich Arbeitstempo: Man gibt der Klasse eine Aufgabe und kann davon ausgehen, dass die ersten nach 15 Minuten fertig sind und die letzten nach 30 Minuten. Geht man davon aus, dass alle die gleichen Aufgaben machen müssen, bleibt das Problem auch im Wochenplan und bei den Hausaufgaben bestehen.
Ziel bleibt immer noch personalisiertes Lernen. Doch wie können wir einen nächsten Schritt dorthin machen? Auf einen gemeinsamen Startpunkt könnten sich wohl viele im Team einigen: Wir wollen fordern und fördern. Wir wollen, dass die Jugendlichen Leistung erbringen. Davon ausgehend könnten wir uns fragen:
- Was verstehen wir unter Leistung? Heisst Leistung, dass die Jugendlich beschäftigt sind (z.B. mit dem Ausfüllen von Arbeitsblättern), in der Schule und zuhause? Dass sie Büffeln müssen? Dass Lernen auch mal „weh tut“ (das Leben ist kein Ponyhof)? Sind hohe Ergebnisse beim Stellwerk (standardisierter Test) gute Leistungen? Passen die Begriffe Leistung und Lernen überhaupt zusammen?
- Wann sind Jugendliche (Menschen allgemein) in der Lage und bereit, Leistung zu erbringen? Wann sind sie motiviert?
- (vielleicht) nützlicher Ansatz 1: Motivationstheorie „Erwartung mal Wert“: Lohnt sich das für mich (Wert)? Kann ich das schaffen (Erfolgserwartung)?
- (vielleicht) nützlicher Ansatz 2: Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan (Autonomie, Kompetenzerfahrung und soziale Eingebundenheit)
- Was weiss man über den Nutzen von Hausaufgaben? Ich befürchte, die Antworten sind ernüchternd (z.B. hier und bei Hattie). Das führt dann zur Frage: Was sind gute Hausaufgaben?
- Was und wie fordern wir konkret?
- Wie fördern wir konkret?
Konsequenzen könnten dann sein:
- Fokus auf das Lernen, auf das, was die Lernenden tun. Wir müssen uns Gedanken um Aufgabenkultur machen: Was sind gute Aufgaben? Dazu gehören auch Hausaufgaben.
- Den Wochenplan weiterentwickeln vom verordneten zum mitbestimmten oder sogar selbstbestimmten Plan
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