SymbolGIF »Herausforderung von #Schule „heute“« pic.twitter.com/ZivCHgPrc2
— Dejan Mihajlović (@DejanFreiburg) 3. März 2016
Der Inhalt dieses Blog-Posts ist nicht neu (ich wiederhole mich:-)), doch die Simpsons bringen die Diskussion schön auf den Punkt und Beat Döbeli hilft bei einer differenzierten Betrachtung: Wie reagieren Schulen auf die Digitalisierung? Wie sollen sie reagieren?
Die Simpsons haben schon vor Jahren gezeigt, vor welche Herausforderung Smartphones (oder allgemein: die Digitalisierung) Schulen stellen (vgl. das GIF oben). Und weil die Geräte Ablenkung und Missbrauch ermöglichen, werden sie an den meisten Schulen immer noch verboten. In die Schule gelangen sie dann halt trotzdem, z.B. unter dem Pult. Doch Smartphone-Verbote sind nur Wellen an der Oberfläche, es geht um mehr: Vernetzte Computer stellen Vieles in der Schule in Frage: Wo findet man Wissen? Die Knoten des „Lernnetzwerks“ sind nicht mehr nur Lehrperson, Schulbuch und Mitschüler. Durch die Vernetzung kommen viele Knoten als Wissensquellen hinzu, Wikipedia und Google, aber vor allem andere Menschen, die über Twitter, Skype & Co erreichbar werden. Wie lernt man in einem solchen Netzwerk? Was muss man noch auswendig lernen? Müssen alle das Gleiche lernen? Und ist es noch zeitgemäss, Prüfungen mit Papier und Bleistift – alleine und ohne Hilfsmittel – zu schreiben? Das ist eine künstliche Situation, fern von der Realität. Weder im Alltag noch im Beruf lösen wir Probleme alleine und ohne Hilfsmittel.
„Natürlich gehört es zur Schule, dass man ab und zu am Computer arbeitet“, da widerspricht selten jemand. Aber was tut man mit den Geräten? Auch da liefern die Simpsons eine Antwort:
Und die vermeintliche Lösung von #Schulen. (Danke @PiStadler) pic.twitter.com/OR65N6CNby
— Dejan Mihajlović (@DejanFreiburg) 3. März 2016
Man tut das Gleiche wie vorher, einfach mit dem Computer: Mit interaktiven Wandtafeln Frontalunterricht machen. Und „Juhu, wir haben interaktive Wandtafeln“ meint eigentlich „Juhu, ich habe endlich einen Beamer“. Statt von Hand mit dem Computer schreiben (dann wird der Computer zum 700 Franken-Bleistift). Statt im Wörterbuch oder Lexikon im Internet nachschauen. Lückentexte am Computer statt auf dem Arbeitsblatt ausfüllen (das ist immerhin effizienter, weil der Computer automatisch korrigiert). Und Bart Simpsons zeigt auch: Die Schüler tun dann auch das Gleiche wie vorher, nämlich Hausaufgaben abschreiben. Dank copy-paste und WhatsApp geht’s viel schneller.
Die Simpsons liefern provokative Fragen und Antworten. Bei einer differenzierten Betrachtung hilft Beat Döbeli in seinem neuen Buch Mehr als 0 und 1 – Schule in einer digitalisierten Welt. Er beschreibt, wie vernetzte Computer das Buch als Leitmedium ablösen und geht davon aus, dass die Digitalisierung alle Lebensbereiche ähnlich stark verändert, wie das der Buchdruck getan hat. So hat der Buchdruck z.B. ermöglicht, die Ideen der Aufklärung, aber auch deutsche Übersetzungen der Bibel zu verbreiten (und damit Ideen wie Menschenrechte und Demokratie oder die Reformation). In Kapitel 2 fragt er: Wie soll die Schule auf den Leitmedienwechsel reagieren? Eine Grafik zeigt übersichtlich die verschiedenen Reaktionen und hilft, bei Diskussionen Standpunkte einzuordnen.
Die verschiedenen Reaktionen beschreibe ich kurz:
- Reaktion 0 – Ignorieren: Den Wandel ausblenden oder die Folgen für Schule und Bildung leugnen.
- Reaktion -1 – Gegensteuern: Aufgrund der negativen Folgen der Digitalisierung soll die Schule ein „Schutzraum“ bleiben.
- Reaktion 1 – Integration in alle Fächer: Die Digitalisierung betrifft alle Lebensbereiche und soll deshalb auch in alle Schulfächer integriert werden. Innerhalb dieser Position gibt es unterschiedliche Ansichten über die Gewichtung von digitalen Themen.
- Reaktion 2 – Es braucht ein Fach: Ohne Zeitgefäss fehlt dem Thema die notwendige Verbindlichkeit. Ein Fach erhält mehr Gewicht in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen, in Lehrmitteln und bei der Beurteilung. Angesichts der Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre betrachten Kritiker die Integrationsvariante als gescheitert.
- Reaktion 3 – Es braucht beides: Es braucht sowohl ein Fach als auch Fächerintegration. Es zweifle schliesslich auch niemand an einem Schulfach Deutsch, obwohl in allen anderen Schulfächern ebenfalls Deutsch gesprochen wird.
- Reaktion 4 – Schule muss neu gedacht werden: Die Schule in der bisherigen Form (mit Lehrplänen, Stundenplan, Fächern, Prüfungsformen usw.) ist veraltet und ungeeignet für die Herausforderungen der Zukunft. Die heutige Schule ist auf die Industriegesellschaft ausgerichtet, die neue Schule muss sich auf die Digitalgesellschaft ausrichten. Dazu passt ein bekanntes Video von Ken Robinson:
- Reaktion 5 – Wer redet noch von Schule? Das Internet bietet so viele Ressourcen, dass gar keine formale Bildung mehr notwendig ist. Interessierte Lernende finden im Internet sowohl massenhaft Inhalte, fertige Kurse als auch Gleichgesinnte, um sich auszutauschen. Eine staatlich organisierte und finanzierte Schule wird überflüssig.
- Reaktion 6 – Wer redet noch von Bildung? Die radikalste Reaktionsstufe orientiert sich an der Singularitätstheorie, die vor allem von Ray Kurzweil prominent vertreten wird. Mit Singularität ist der Zeitpunkt gemeint, an dem die künstliche Intelligenz die menschliche Intelligenz übertreffen wird. Dann werde es darum gehen, das Zusammenleben von Mensch und Maschine zu organisieren und der künstlichen Intelligenz zu erklären, warum die menschliche Intelligenz überhaupt noch nützlich sei.
Ich gehöre wohl zu Reaktion 4 – Schule muss neu gedacht werden!