Hollywood hat uns schon oft gezeigt, wie Roboter die Welt erobern. Doch nach einem Krieg der Maschinen à la Terminator sieht es zur Zeit nicht aus. Stattdessen erobern Computer die Arbeitswelt, sichtbar als Roboter oder unsichtbar als Software. Wenn wir uns Roboter vorstellen, dann haben sie ein menschlichem Aussehen (Kopf, Körper, zwei Arme und zwei Beine). Wie der geschwätzige C-3PO aus Star Wars, der sechs Millionen verschiedene Sprachen spricht. Mit dieser Vorstellung haben die neuen Arbeiter wenig gemeinsam.
Das Thema Roboter nehmen uns die Arbeit weg ist definitiv in den Mainstream-Medien angekommen. Vorgestern hörte ich beim Autofahren im Radio, wie Trend-Forscher David Bosshart einen Blick in die Zukunft wagt: „Gewisse Berufsgattungen wird es in den nächsten Jahren nicht mehr geben.“ Und gestern schrieb die NZZ zur Zukunft der Arbeit: „Uns braucht es bald nur noch als Konsumenten. Die Leistung von Computern und Robotern wird in den nächsten Jahren massiv steigen. Jeder zweite Job droht ersetzt zu werden.“ Solche Berichte sind im vergangenen Jahr viele erschienen. Mit diesem Blog-Post möchte ich einige Erkenntnisse zusammenfassen.
Um was geht es?
Es geht um Automatisierung: Aufgaben, die eine Maschine schneller, besser und vor allem günstiger erledigen kann, werden in Zukunft von einer Maschine erledigt (Automatisierung des Automatisierbaren).
Und es geht um diese Frage: Werden auch dieses Mal mehr Jobs geschaffen als zerstört? Oder steuern wir auf eine Massenarbeitslosigkeit zu?
Das ist nicht neu: Schon Anfang des 18. Jahrhunderts hat die Dampfmaschine Menschen ersetzt (z.B. in der Landwirtschaft). Später haben Maschinen Aufgaben in Fabriken übernommen. Dabei wurden aber immer anderswo genügend Jobs geschaffen (die mehr Aus- und Weiterbildung benötigten). Betroffen von der Automatisierung waren also vor allem schlecht ausgebildete Arbeiter. Das ist neu: Der Wandel läuft schneller ab und dieses Mal werden vielleicht mehr Jobs zerstört als neu geschaffen. Früher ersetzten Maschinen Muskelkraft, heute geistige Tätigkeiten. Somit sind auch die Jobs von gut Ausgebildeten gefährdet. Einige Beispiele:
- Journalisten: Computer schreiben z.B. Sport- und Finanzberichte. Bei diesem Quiz muss man entscheiden, ob ein Text von einem Menschen oder einem Computer geschrieben wurde.
- Anwälte: Computer durchsuchen Archive nach den Informationen, die für einen aktuellen Fall relevant sind. Sie erledigen in Sekunden, wofür ein Mensch (AnwaltspraktikantIn) eine Woche brauchen würde.
- Ärzte: Computer werden immer besser beim Analysieren von Bildern. So unterstützen sie zum Beispiel Röntgenärzte beim Erkennen von Krebs auf Röntgenbildern. Der IBM-Computer Watson wurde bekannt durch seinen Sieg in der Game-Show Jeopardy. Jetzt soll Watson unter anderem Ärzte bei Diagnosen unterstützen,
- Computer sind schon jetzt Investmentberater und an den Börsen schöpfen sie im Hochgeschwindigkeitshandel in Sekundenbruchteilen Gewinne ab. Damit haben sie Händler schon lange überholt.
Wie kommen die auf so etwas?
Bei den meisten Berichten über Automatisierung, Roboter und die Zukunft der Arbeit waren wohl das die Hauptquellen:
- Eine Studie der University of Oxford aus dem Jahr 2013: The Future of Employment: How Susceptible Are Jobs to Computerisation. Die Kernaussage: Fast die Hälfte aller heute existierenden US-Jobs könnte in den nächsten 20 Jahren verschwinden.
- Das Beratungsunternehmen Deloitte hat die Auswirkungen der Automatisierung auf die Jobs in der Schweiz untersucht. Als Grundlage diente die Studie der University of Oxford. Auch hier war eine Kernaussage: „In den nächsten Jahren und Jahrzehnten könnten fast 50 % der Beschäftigten durch Automatisierung ersetzt werden.“ Die Grundhaltung ist aber positiv: „In den letzten 25 Jahren wurden jedoch insgesamt mehr Stellen geschaffen als verdrängt. Die Automatisierung dürfte deshalb auch in Zukunft mehr Chancen als Risiken bieten.“
- The Second Machine Age: Work, Progress, and Prosperity in a Time of Brilliant Technologies von Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee erhielt den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis 2015 . Die Kernaussage: Die digitale Revolution wird unser Leben genauso grundlegend verändern, wie es die industrielle Revolution getan hat. Die digitale Revolution sei an einem Punkt angelangt, an dem die Möglichkeiten explodieren. Grund für den Quantensprung sei das exponentielle Wachstum der Computerpower. Die beiden Autoren sind optimistisch: „Es ist ein Wende zum Guten – Überfluss anstatt Knappheit, Freiheit anstatt Einschränkung -, aber eine, die uns schwierige Herausforderungen beschert und uns schwierige Entscheidungen abverlangt.“
- Weniger optimistisch ist Martin Ford in Rise of the Robots: Technology and the Threat of a Jobless Future. Er erklärt, warum dieses Mal mehr Jobs zerstört als neu geschaffen werden. Und er schlägt als Teil einer Lösung ein bedingungsloses Grundeinkommen vor. Update 21.02.2016: Ein Interview in der NZZ fasst die wichtigsten Aussagen aus dem Buch zusammen.
Was heisst das für die Schule?
Für die Schule ergeben sich viele Fragen. „Bessere Bildung“ ist eine häufige Forderung. Doch die Antworten sind oft vage. Deshalb ist dieser Abschnitt auch sehr dürftig.
- Was muss in der Schule gelernt werden, um überhaupt noch einen Job zu erhalten? Es soll gelernt werden, was sich nicht automatisieren lässt. Dazu gehören zum Beispiel Kreativität, Erfindergeist, Kommunikationsfähigkeit, soziale Kompetenz, kritisches Denken. Oder mehr Unternehmergeist (Entrepreneurship), damit Menschen sich und ihre Jobs ständig neu erfinden können. Dazu gehört auch, dass Kinder in der Schule ihre Stärken und Interessen entdecken und entwickeln können. Also definitiv keine „one size fits all“-Schule mehr.
- Ist „bessere Bildung“ eine Lösung? Martin Ford weist darauf hin, dass auch eine bessere Ausbildung nicht allen den Aufstieg auf der Karriereleiter ermögliche. Denn schliesslich sei das eher eine Pyramide als eine Leiter. Und auf der Spitze habe es nicht Platz für alle. Was wird aus den „Verlierern“ (von denen es in diesem Szenario viele geben könnte)?
- Die Schule sollte Kinder und Jugendliche dazu befähigen, die digitale Welt zu verstehen und mitzugestalten. Am Arbeitsplatz, im Alltag, aber auch als Bürger. Wie Technologie genutzt wird und wo man ihr Grenzen setzt, wird auch an der Urne entschieden (ob dem so ist und ob das so bleiben wir, kann man natürlich in Frage stellen). Dazu braucht es mündige Bürger. Was Mündigkeit in diesem Zusammenhang bedeuten könnte, wird im Lehrplan 21 (Modul Medien und Informtik) skizziert: „Medien verstehen und verantwortungsvoll nutzen, Grundkonzepte der Informatik verstehen […], …dies trägt zum Verständnis der Informationsgesellschaft bei und befähigt, sich an ihr aktiv zu beteiligen.“ Die Einführung des neuen Lehrplans macht aber deutlich, dass Medien und Informatik in den meisten Kantonen wohl weiterhin ein Nischendasein fristen wird. Im Kanton Uri wurde zum Beispiel vor kurzem entschieden, dass es in der 5. und 6. Klasse kein Fach Medien und Informatik geben wird. M + I wird in andere Fächer integriert. Damit folgt Uri dem Beispiel vieler anderer Kantone.
Damit ist klar: Die Schule ist noch weit entfernt von Antworten auf die Digitalisierung und ihre Herausforderungen (wie eben Automatisierung).
Update 21.01.2016: Am WEF in Davos wurde auch darüber diskutiert, was die digitale Revolution für die Bildung bedeutet. Hier gibt es einen ausführlichen Beitrag im Schweizer Fernsehen..